Beschäftigung
ist ausgesprochen destruktiv - sie zerstört dich und sie
zerstört andere. Seht den feinen Unterschied. Wenn du zum
Beispiel hungrig bist, dann isst du; das ist Handeln. Aber wenn
du nicht hungrig bist und trotzdem immerzu isst, dann ist das
Beschäftigung. Solches Essen ist gewalttätig - du zerstörst
Nahrung, du mahlst mit den Zähnen und zerstörst Nahrung. Das
erleichtert dich ein bisschen von deiner inneren Unruhe. Du isst
nicht aus Hunger, sondern einfach aus einem inneren Zwang
heraus, einem Drang nach Gewalttätigkeit.
In der Tierwelt wird Gewalt mit Händen und Maul assoziiert - mit
Klauen und Zähnen. Das sind die beiden Waffen in der Tierwelt.
Beim Essen arbeiten beide zusammen. Mit den Händen greifst du
die Nahrung und mit dem Mund isst du sie - das setzt Aggression
frei. Aber wenn es ohne Hunger geschieht, ist es keine Handlung,
sondern etwas Krankhaftes. Es ist eine hektische Beschäftigung.
Natürlich kann man nicht ununterbrochen essen, sonst platzt man
ja. Also haben die Leute Tricks entwickelt: Pan oder Kaugummi zu
kauen, oder Zigaretten zu rauchen - unechte Nahrungsmittel, ohne
jeden Nährwert, aber sie erfüllen ihren Zweck als Blitzableiter
der Gewalt.
Jemand sitzt und kaut Kaugummi - was tut er wirklich? Er bringt
jemanden um. Wenn er in seine unbewussten Gedanken blicken
könnte, sähe er, dass sie voll von Mord und Totschlag sind.
Dabei kaut er nur harmlos seinen Kaugummi - eine denkbar
unschuldige Tätigkeit. Er tut niemandem etwas zuleide, aber er
schadet sich selbst enorm, weil er sich nicht im Geringsten
darüber im Klaren ist, was er wirklich tut. Was tut jemand, der
raucht? Scheinbar etwas sehr Harmloses: Den Rauch einatmen und
ausatmen, eine Art krankhaftes Atem-Yoga, Pranayama, oder eine
Art verweltlichte Transzendentale Meditation. Er schafft sich
eine Art Mandala, er holt den Rauch ein und stößt ihn wieder
aus, dadurch entsteht ein Mandala, eine kreisförmige Bewegung.
Das Rauchen wird zu einer Art Sing-Sang. Das beschwichtigt, man
wird ein bisschen gelöster.
Wenn du dich mit
jemanden unterhältst und dein Gesprächspartner fängt an nach
seinen Zigaretten zu suchen, dann ist das fast ein
hundertprozentiges sicheres Zeichen, dass er sich gelangweilt
fühlt, dass du jetzt das Gespräch beenden solltest. Er wäre dich
jetzt gerne los, aber er kann dir das nicht so grob sagen, das
wäre unhöflich. Stattdessen sucht er nach einer Zigarette. er
sagt damit: "Schluss jetzt, ich hab genug." In der Tierwelt
hätte er dich angegriffen, aber das kann er nicht - er ist ein
zivilisierter Mensch. Stattdessen fällt er über die Zigaretten
her, er fängt an zu rauchen, Jetzt hat er sich von dir
freigemacht, jetzt hat er sich in den rhythmischen Zyklus seines
Rauch-Sing-Sangs zurückgezogen. Das beruhigt. Aber solche
Beschäftigungen zeigen dir nur, dass du getrieben wirst. Du
kannst nicht bei dir selber bleiben, du kannst nicht still
bleiben, du erträgst es nicht, unbeschäftigt zu sein. Durch
deine Geschäftigkeit hast du ein ständiges Ventil für den
Wahnsinn in dir, deinen Irrsinn. Handeln ist etwas Herrliches,
Handeln ist ein spontanes eingehen auf die Umstände - das Leben
erfordert spontanes Antworten. Jeden Augenblick musst du
handeln, aber dies Handeln kommt aus dem gegebenen Augenblick.
Du bist hungrig und kümmerst dich um Nahrung. Du bist durstig
und gehst zum Brunnen. Du bist müde und legst dich schlafen. Du
handelst ganz aus der Situation heraus - so wie sie ist. Handeln
ist spontan und total.
Geschäftigkeit ist niemals spontan, sie kommt immer aus der
Vergangenheit. Sie mag sich über Jahre hinweg aufgestaut haben:
Jetzt ergießt sie sich in die Gegenwart - ohne jeden Bezug dazu.
Aber der Verstand ist nie um schlaue Erklärungen verlegen, wenn
es darum geht, solche Geschäftigkeit zu rationalisieren. Der
Verstand findet immer Mittel und Wege, nachzuweisen, dass es
sich nicht um eine sinnlose Beschäftigung handelt, sondern um
eine notwendige Handlung.
Du kannst zum Beispiel aus heiterem Himmel in Wut geraten. Alle
um dich herum sind sich sofort im Klaren, dass es völlig unnötig
ist, dass die Situation nicht das Geringste damit zu tun hat,
dass dein Verhalten einfach unnötig ist - nur, dass du das nicht
merkst. Alle andern denken: "Was macht der bloß? Das war doch
wirklich nicht nötig. Warum wird er so wütend?" Aber du bist
nicht um Rationalisierungen verlegen. Du kannst begründen, warum
dein Benehmen notwendig war. Mit solchen Rationalisierungen
drückst du dich davor, deinem inneren Wahnsinn ins Auge zu
sehen. Das sind die Schutzmittel, die Gurdjieff immer "Puffer"
nannte. Mit Hilfe von Rationalisierungen baust du dir eine
Pufferzone auf, die dich davor bewahrt, die wirkliche Situation
eingestehen zu müssen. Puffer dienen dazu, den Schock zu
absorbieren, der zwischen zwei Eisenbahnwaggons entsteht, wenn
der Zug plötzlich anhält: die Fahrgäste würden sonst zu stark
durcheinander gerüttelt. Deine Beschäftigungen haben nie etwas
mit der realen Situation zu tun, aber die Puffer deiner
Rationalisierungen bewahren dich davor, das zu erkennen. Puffer
blenden dich - und so kannst du dich weiterhin in Ruhe mit
Unsinn beschäftigen.
Wenn du so beschäftigt bist, kannst du dich nicht entspannen.
Wie denn auch? Deine Beschäftigung ist so zwanghaft, du musst
etwas tun, ganz gleich, was es ist. Es gibt überall auf der Welt
Narren, die sagen: "Tu lieber was, statt die Hände in den Schoß
zu legen". Und dann gibt es die ganz großen Narren, die sich
sogar ein Sprichwort ausgedacht haben, das auf der ganzen Welt
bekannt ist: "Nichtstun ist des Teufels Werkstatt". Absolut
nicht.
Nichtstun ist die Werkstatt Gottes. Ein leerer Geist ist das
Allerschönste auf der Welt, das Reinste, was es gibt. Wie sollte
denn ein leerer Kopf als Werkstatt für den Teufel dienen? In ein
leeres Bewusstsein kann der Teufel unmöglich eindringen. Der
Teufel kann sich nur in einem Bewusstsein breit machen, in dem
es zugeht wie in einem Ameisenhaufen. Dann fällt es dem Teufel
leicht, dich vor seinen Karren zu spannen, dann kann er dir
Mittel und Wege und Methoden zeigen, wie du dich noch mehr
beschäftigen kannst. Der Teufel sagt nie: "Entspanne dich". Er
sagt: "Was verschwendest du deine Zeit, Mensch tu doch was!
Rühre dich! Das Leben läuft dir weg - du musst etwas tun!"
Aber alle großen Lehrmeister, alle Meister, die die Wahrheit des
Lebens verwirklicht haben, haben erkannt, dass es das leere
Bewusstsein ist, was in dir den Raum schafft, in den das
Göttliche eindringen kann. Beschäftigung, nicht der leere Geist,
dient den Zwecken des Teufels. Was soll denn der Teufel mit
einem leeren Geist anfangen? Er wird nicht einmal wagen, ihm
nahe zu kommen, weil ihn die Leere einfach töten würde. Aber
wenn du von einem tiefen Drang, einem wahnsinnigen
Beschäftigungsdrang getrieben wirst, dann hat dich der Teufel
leicht in der Hand, dann kann er dich gängeln - dann gibt er
unangefochten den Ton an.
Ich möchte euch ausdrücklich sagen, dass dieses Sprichwort
grundfalsch ist. Der Teufel muss es sich selber ausgedacht
haben. Hütet euch vor dieser Besessenheit, ständig etwas tun zu
müssen. Und hüten könnt ihr euch nur, indem ihr euer eigenes
Leben im Auge behaltet. Denn wenn ich dir etwas sage, oder auch
Tilopa, hilft dir das nicht viel weiter - du selbst musst diese
Sinnlosigkeit deiner Beschäftigungsmanie begreifen. Du musst
erkennen, dass sie nicht nötig ist. Die Frage ist, warum gibst
du ihr nach?
-Osho-
Was ich noch
zu sagen hätte:
Nicht nur, wenn jemand in einem Gespräch nach Zigaretten sucht,
ist das ein Zeichen dafür, dass das Gespräch jetzt sein Ende
finden sollte, sondern auch, und das ist meine eigene Erfahrung,
wenn der Gegenüber ständig das Gespräch unterbricht mit Fragen,
die das Thema gar nicht betreffen. Oder, das ist noch
frappierender, wenn jemand plötzlich Witze einstreut. Das ist
ein sicheres Zeichen für unbewusste Gesprächspartner, die weder
Interesse an deinem Thema haben noch dich als Person achten. Sie
schlafen tief und fest in ihrem selbst erstellten Gefängnis der
Illusion und Beschäftigung. Das ist nicht weiter schlimm, nimm
es klar wahr und verlasse somit selbst das Gefängnis. Nur das
Ego ist entrüstet über solche Gesprächspartner, und das Ego
selbst ist eine Illusion.
Herzlichst Marion
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